BORN TO BE FREE > Allgemein  > Das macht mich nachdenklich zum Vierten

Das macht mich nachdenklich zum Vierten

Folgen die Mieten wirklich dem Referenzzinssatz?

 

Liebe Leser*in

 

Sporadisch äussere ich mich in diesem Blog zu Themen, die mich beschäftigen. So habe ich mich im Februar zum Thema «Ist unser Staat wirklich bereit zu diskriminieren» geäussert. Diese Frage kann in der Zwischenzeit eindeutig mit «Ja» beantwortet werden. Im März hatte ich das Thema «Bereichern sich die (reichen) Aktionäre zu Lasten der steuerzahlenden Allgemeinheit aufgegriffen. Ebenfalls hatte ich mich im März zur Künstlichen Intelligenz und in diesem Zusammenhang auch zur Höhe der Unternehmenssteuern geäussert.

In diesem Blogbeitrag beschäftige ich mich nun mit den Mietzinsen. Dies daher, weil ich im letzten September einen Beitrag in der Presse gelesen hatte, der aussagt, dass die Mieten schweizweit seit 2020 um 0.90 pro Prozent gestiegen sind und dass sich dieser Trend weiter fortsetzen wird. Dieser Artikel sagt also mit anderen Worten aus, dass die Mietzinsen in der Schweiz in der Zeit einer der grössten Krisen munter gestiegen sind. Ja und ich frage mich tatsächlich, ob es sich der durchschnittliche Schweizer Bürger zukünftig überhaupt noch leisten kann in seinem Heimatland zu wohnen.

 

Referenzzinssatz

Beschäftigen wir uns zuerst etwas mit dem Referenzzinssatz:

 

Beim Referenzzinssatz handelt sich um den Durchschnittszinssatz, mit dem die Hypotheken auf Schweizer Liegenschaften verzinst sind. Als einer der wichtigsten Kostenfaktoren berechtigt er zu einer Mietzinsanpassung. Der gesamtschweizerische einheitliche Referenzzinssatz wurde am 10. September 2008 für Mietzinsanpassungen aufgrund von Änderungen des Hypothekarzinssatzes eingeführt.  Zuvor waren dafür die Zinssätze für variable Wohnbauhypotheken der Kantonalbank vor Ort der Mietsache massgebend. Der Referenzzinssatz ist in Viertelprozenten festgesetzt und wird vierteljährlich vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) erhoben und bekanntgegeben.

 

Steigt der Referenzzinssatz an, können die Vermieter diese Mehrkosten in der Nettomiete auf Mieterinnen und Mieter überwälzen. Sinkt der Referenzzinssatz, haben Mieter grundsätzlich Anrecht auf eine Mietzinssenkung.

 

Bei meinen Folgenden Berechnungen stützte ich mich auf den offiziellen Referenzzinssatz. Für die Zeit vor dem offiziellen Referenzzinssatz stütze ich mich auf die von der Berner Kantonalbank veröffentlichten Zahlen zum Durchschnittssatz aller Hypotheken. Dies deshalb, weil diese Zahlen sehr gut mit dem Referenzzinssatz übereinstimmen und öffentlich zugänglich sind.

 

Entwicklung seit anfangs 2020

Ende 2019 lag der Referenzzinssatz bei 1,50 Prozent. Aktuell liegt er marginal tiefer bei 1,25 Prozent.

 

Gemäss Bundesamt für Statistik sind die Wohnungsmieten seit Ende 2019 um gut 1,70 Prozent gestiegen (Mai 2000 Index=100: Stand 12.2019: 128,1 Punkte / Stand 10.2021: 130.3 Punkte).

 

Wir stellen also fest, dass in der Zeit einer der grössten Krise in der Schweiz die Mietzinsen um 1,70 Prozent gestiegen sind und dies obwohl der Referenzzinssatz um 0,25 Prozent gefallen ist. Oder anders ausgedrückt: Die Mietzinsen sind um 1,70 Prozent gestiegen, obwohl die Zinsbelastung auf den Hypotheken um gut 16 Prozent tiefer ausgefallen ist (eine Senkung von 0,25 Prozent entspricht bei einem Ausgangswert von 1,50 Prozent einer Senkung von 16,67 Prozent).

 

So kurzfristige Abweichungen beunruhigen mich grundsätzlich nicht, da ja der Referenzzinssatz nicht der alleinige Faktor zur Mietzinsbestimmung ist. So können beispielsweise auch Investitionen in bestehende Wohnliegenschaften einen Einfluss auf die Mietzinsentwicklung haben.

 

Wie sieht die langfristige Entwicklung aus?

Betrachten wir daher die langfristige Entwicklung:

 

Seit Ende des Jahres 1999 ist der Referenzzinssatz (Durchnittszinssatz der BEKB bis 10 Sept. 2008, nachher offizieller Referenzzinssatz) um knapp 70 Prozent gefallen. Die Mieten sind dagegen im gleichen Zeitraum um gut 30 Prozent gestiegen.

 

Hätte also ein Vermieter Ende 1999 für eine Wohnung an die Bank pro Jahr CHF 12’000 Hypothekarzinsen bezahlen müssen, bezahlt er dafür aktuell jährlich noch CHF 3’600.

 

Wenn diese Wohnung dannzumal für jährlich CHF 18’000 (ohne Nebenkosten) hätte vermietet werden können. Kostet diese Wohnung gem. der durchschnittlichen Entwicklung der Wohnungsmieten aktuell jährlich satte CHF 23’400 (ohne Nebenkosten).

 

1999 hat der Vermieter mit dieser Wohnung jährliche Nettoeinnahmen  von CHF 6’000 erzielt. Heute würden seine Nettoeinnahmen bei dieser hypothetischen Modelrechnung bei CHF 19’800 liegen. Seine Nettoeinnahmen haben sich in dieser Modelrechnung also mehr als verdreifacht.

 

Natürlich bin ich mir auch bewusst, dass dies nur eine Modelrechnung ist, und dass es Argumente gibt, welche diese «unanständige» Einnahmenerhöhung relativieren. Trotz allem bleibe ich bei meiner Meinung, dass die Renditen insbesondere auf bestehende Objekte massiv gestiegen sind, die Mieter jedoch von der Senkung des Referenzzinssatzes kaum profitieren konnten. Denn wer wohnt schon über 20 Jahre in der gleichen Wohnung, bei der notabene in dieser langen Zeit auch noch keine mietzinsrelevanten Sanierungen/Renovationen vorgenommen wurden?

 

Steigende Löhne

Der Hauseigentümer Verband argumentiert gerne damit, dass in dieser Zeit auch die Löhne gestiegen sind und somit die Belastung der Haushaltseinkommen des Mittelstandes durch die Wohnkosten stabil geblieben ist.

 

Ganz unrecht hat er damit nicht. Tatsächlich sind die Nominallöhne seit dem Jahr 2000 gestiegen, nämlich um rund einen Viertel. Damit sind sie aber deutlich weniger stark gestiegen als die Mietzinsen. Betrachtet man die Reallöhne wird die Diskrepanz noch einmal grösser. Die Reallöhne sind in dieser Zeit nämlich um «nur» rund 16 Prozent gestiegen (Quelle: Lohnindex BFS, Statistisches Lexikon der Schweiz).

 

 

Aussichten und Konklusion

Im eingangs zitierten Artikel, wurde die Meinung vertreten, dass die Tendenz der steigenden Wohnungsmieten weitergehen wird.

 

Ich frage mich ernsthaft, ob die Praxis des Referenzzinssatzes versagt hat und wohin dies noch führen soll. Wenn die Mieten selbst in einer Zeit von stark sinkenden Zinsen (Zinsen: Minus 70 Prozent) steigen (Mieten: Plus 30 Prozent), was passiert dann, wenn die Hypothekarzinsen zu steigen beginnen und somit der Referenzzinssatz auch steigt?

 

Erinnern wir uns: Ende 1999 lag der durchschnittliche Hypothekarzinssatz bei 4,05 Prozent (Quelle: BEKB). Heute liegt der Referenzzinssatz bei 1,25 Prozent.

 

Ist es wirklich für die Schweizer Volkswirtschaft und für die Stabilität im Lande gut, wenn sich die soziale Schere weiter munter öffnet?

 

Meines Erachtens besteht hier ein politischer Handlungsnotstand, denn wer soll diese Mieten zukünftig noch bezahlen können?

 

Allerdings bin ich bei der aktuellen politischen Führung nicht sehr optimistisch, dass sich hier etwas ändern wird. Hat doch genau diese politische Regierung während dem Lockdown gewissen Berufsgruppen die Arbeit verboten. Die Vermieter durften jedoch ganz normal munter weiter kassieren. Ich bin mir voll bewusst, dass ich mit diesem Vergleich Wohnungsmieten und Geschäftsmieten etwas vermische. Am Prinzip ändert sich jedoch nichts. Bei der aktuellen politischen Regierung profitieren die «Reichen», welche in Bern eine gute Lobby haben, die anderen Schauen in die Röhre.

 

Also: Überleg Dir gut, wie Du zukünftig wählst und abstimmst.

 

Mit freiheitsliebenden Grüsse

STEFAN SIDLER

Gründer und Inhaber von BORN TO BE FREE

No Comments

Leave a reply